Die DVD soll tot sein?? Lang lebe die DVD!!

Die DVD soll tot sein?? Lang lebe die DVD!!

In der Erotik-Branche wird, wie in anderen Multimedia-Bereichen, gejammert. Das bööööse Internet zerstört das Geschäft, niemand will mehr DVDs kaufen und alles ist Scheisse.

Wir gehen der Sache auf den Grund und fragen den Geschäftsführer der LZE Vertriebs GmbH in Essen, André Grab, nach nackten Tatsachen.

Wie läuft das Geschäft?

Es läuft. Die LZE hat rund 1,4 Mio. DVDs an Lager. Jeden Monat liefern wir die Produktionen von  10  bekannten deutschen Label aus: Magmafilm, Tabu & Love, JustFuck, MMV, Deutschlandporno, Eroticplanet, Inflagranti,  tmc,  BlueMovie, B&B United sowie Toys von Puma Swede und Leckere Drinks von Ficken Likör und Nischenprodukte wie z.B die Doc Hammer-Pillen aus.

10 Label? Wieviel Filme sind das?

Ueber 60 Filme pro Monat.

Wer kauft die?

Online-Shops, Sex-Shops, Videotheken.

Sind das Neuheiten? Oder Compilations? Oder Klassiker in Neuauflage?

Nehmen wir als Beispiel Magmafilm.  Da erscheinen monatlich 5 brandneue heisse Titel sowie 3 Neuauflagen als Magma Classic Edition.

Keine Zusammenschnitte?

Nein. Compilations sind generell nicht verkaufsfördernd. Magmafilm hat schon vor Jahren Abstand zu dieser Art von Billigvermarktung genommen.

Die Kunden wollen sowohl Neues sehen, wie auch Klassiker, die vor 30 Jahren mal en vogue waren.

Wer sagt, was ein Klassiker ist?

Die Kundschaft! Einige der Label, die wir im Vertrieb haben, richten sich wirklich auf Kundenwünsche aus. Der Zusammenschnitt vom Zusammenschnitt vom Zusammenschnitt wird von der Kundschaft wenig goutiert. Leute, die Pornos gucken, sind in der Regel besser informiert, als manche Feld-Wald und Wiesenproduzenten, die meinen, «mit ein bisschen Clip-schneiden könne man die Leute zufriedenstellen» (Originalzitat eines Clip-Herstellers, der sich zur Zeit gerne ins Rampenlicht stellt).

Klassiker sind Filme, die vor 30 oder 20 Jahren mal in den Schlagzeilen waren. Filme mit Jenna Jameson, Sunset Thomas, Juli Ashton, Toni Tedeschi, T.T. Boy. Filme von Joe d’Amato, d’Salvo, Kris Kramski  oder von Michael Ninn (bevor er in die esoterische Kleenex-Zone gerutscht ist).

Wer kauft solche «Klassiker»?

Lass doch mal die Gänsefüsschen weg. Das sind einfach Klassiker!  Wenn heute eine Produktion mit Ingrid Steeger oder Iris Berben  oder Laetitia Zappa oder Cicciolina neu aufgelegt wird, dann beulen sich zwangsläufig  Anzugshosen an den entscheidenden Stellen. Nämlich genau die Anzugshosen, die heute die Jeans von damals ersetzen.

Dass solche Filme kurzfristig ein Verkaufshit sind, ist natürlich Illusion. Aber langfristig gehören sie zu den Longsellern.  Es gibt Filme, die sind seit 30 Jahren auf dem Markt und das will doch was heissen!

Was genau soll das heissen?

Wenn ein Produkt so lange auf dem Markt ist, heisst das, dass es eben immer noch DA ist. Dass Leute es sehen wollen. Bei Bücher liest man immer mal wieder im Klappentext: Gesamtauflage 1. Mio.  Das hat leider die Pornobranche immer wieder verpasst.

Was genau hat die Pornobrache verpasst?

Ein Produktebewusstsein!  Es gab Filme wie z.B. Pink Prison und Constance. Beide Filme hatten alleine  im deutschsprachigen Raum  DVD-Auflagen von über 50’000 Exemplaren und werden immer wieder neu aufgelegt! Doch auf keinem Cover steht was davon. Manchmal habe ich das Gefühl, dass da nur noch Ignoranten am Werke sind.  Beide Filme standen unter dem Zeichen des Puzzy Power Manfifests, waren international bekannt, aber die Branche hat das ignoriert. Auch dass der Film Pink Prison massgeblich zur Liberalisierung des norwegischen Pornogesetzes im Jahr 2006 beigetragen hat, wurde von den Lizenznehmern durchs Band nicht zur Kenntnis genommen. Also keine Ahnung von Cross-Marketing. Einfach dumpf.

Höre ich da eine gewisse Verbitterung?

Jein. Ich finde es einfach schade, dass die Pornobranche zwar auf jeden neuen Technologie-Zug aufspringen will, aber schlicht zu blöd ist, Kapital aus der eigenen Vergangenheit zu schlagen.

Noch zum Schluss: ist das Internet schuld an den sinkenden DVD-Umsätzen?

Bullshit. Das ist lediglich die Behauptung von technologiefeindlichen ewig gestrigen Leuten. Und die gibt es schon seit 200 Jahren. Früher war, so behaupten die, alles besser. Glaubt man dem Komiker Karl Valentin, so war das Einzige, was früher besser war, die Zukunft. Ich gehöre wohl eher zu denen. Heute können wir dank dem Internet unsere Produkte öffentlich bekannt machen. Das Internet ist kein Feind! Man muss es einzusetzen wissen und damit umgehen können. Und vor allem auch als Chance ansehen.

Und die Gratis-Angebote im Internet?

Das gibt es überall in jedem Marktsegment. Und der Spruch, dass «was gratis ist, keine Qualität hat» stimmt.  Es macht doch keinen Spass, sich bei schlechter Auflösung und mieser Tonqualität einen runterzuholen. Betrachten wir doch die positive Seite: seit es das Internet gibt, hat die Pornobranche eine Lobby. Es gibt bibliographische Seiten, es gibt Millionen von Fanseiten, Pornographie ist gesellschaftsfähig und hat eine enzyklopädische Relevanz. Was will man sich mehr wünschen? Dass gewisse Fossile in der Branche nicht damit umgehen können, ist ein anderes Problem.

Herr André Grab, wir danken für das kurze Interview. Gerne stellen wir Ihnen demnächst ein paar Fragen zum Thema «Virtual Reality«.

Oh Gott ……..